Tom
Montag, September 27, 2004
  Einschränkung der Pressefreiheit
Es ist schon einige Zeit her, dass Herr Schröder gerichtlich untersagen liess, Aussagen über seine Haarfarbe zu treffen. Manche fanden das damals sehr lustig. Ich habe Versuche, die Pressefreiheit einzuschränken, nie als lustig empfunden.

Die nächste gerichtliche einstweilige Verfügung kam, als eine ostdeutsche Zeitung über angebliche Eheprobleme des Kanzlers berichten wollte. Gegen eine britische Zeitung erging sie ebenfalls, nur die hat sie nicht beachtet und sinngemäss getitelt: Sie regieren nicht in England, Herr Schröder.

Die dritte einstweilige Verfügung kam, als eine Kinderorganisation die Altersdifferenz zwischen ihm und seiner Adoptivtochter kritisieren wollte. (Die Altersdifferenz soll laut denen nicht groesser als eine bestimmte Jahreszahl sein, und bei Schröders war sie zu gross.)

Ich bejahe das Recht jeder Person auf seine Privatsphäre.Über die beiden gerichtlichen Verfügungen bei den Aussagen über seine Familie kann man ja noch streiten, ob seine Privatsphäre damit geschädigt wird. Aber bei so viele Ehen, wie Herr Schröder schon geführt hat, kann ihm diese Institution nicht derart heilig sein, wie er tut. Und was hat die Haarfarbe des Bundeskanzlers mit seiner Privatsphäre zu tun ?

Kann sich jemand daran erinnern, wie übel Helumut Kohl durch den Kakao gezogen wurde, als er noch Kanzler war ( ich rede nicht von der Zeit der Spendenaffären). Und heute soll ich nicht mal mehr eine Aussage über die Haarfarbe des Kanzlers treffen dürfen ?

Oder meint er, dass man über bestimmte Personen überhaupt nichts mehr schreiben darf, insbesondere dann, wenn sie das richtige Parteibuch haben ? Will Herr Schröder die Gerichte dazu missbrauchen, die Pressefreiheit einzuschränken ? Ich habe den Eindruck, dass er das will. Nicht auf einmal; aber Stück für Stück.

Wenn keine vertragliche Streitigkeit besteht und wenn kein Strafbestand vorliegt, dann kann es nicht die Aufgabe von Gerichten sein, herauszufinden, was wahr sei und was nicht. Ich wiederhole die Aussage aus meinem letzten Artikel: In einem freien Markt von Ideen hat jede Person mit ehrlichen Absichten die Möglichkeit herauszufinden, was wahr ist, und was nicht. Und wer nicht auf Wahrheit aus ist, den kann man mit der Wahrheit auch nicht überzeugen.

Träumt Herr Schröder davon, eines Tages wie Putin gegen die Presse vorzugehen und eine GSG-9-artige Truppe die Redaktionsräume der Bildzeitung stürmen zu lassen, wenn die wieder mal irgendeinen Unsinn über ihn geschrieben haben ? So blendend wie sich Herr Schröder mit Herrn Putin versteht, könnte man wirklich meinen, dass er davon träumt. ( Träumt er auch davon, mit "Wirtschaftsbossen" so umzugehen, wie das Herr Putin macht: einsperren und verurteilen lassen ?)
Quo vadis, Herr Schröder ?
 
  Michael Ledeen contra Pressefreiheit ?
Ledeen fordert hier die Einführung eines "Libel"-Gesetzes, also eines Verleumdungsgesetzes, wonach man verklagt werden kann, wenn man etwas "Falsches und Schädigendes" über jemanden ausgesagt hat. Mir ist nur nicht klar, ob er über die Missbrauchsmöglichkeiten eines solchen Gesetzes nachgedacht hat. Hat er sich mal überlegt, bei der Sorte von Gerüchteküche, über die er schreibt, dass dieses Gesetz gegen ihn verwendet werden könnte ? Denkt er, es gäbe nur konservative Richter, die zu seinen Gunsten entscheiden würden, was wahr ist ? Hat er sich überlegt, was passiert, wenn seine Widersacher loslegen würden, Heerscharen von "Libel"-Rechtsanwälten auf ihn zu hetzen ?

Hat er sich überlegt, dass man jeden zum Schweigen bringen kann, wenn man nur den richtigen Richter im Amt sitzen hat, der Wahrheit so auslegt, wie man es haben will, wenn man ihm nur den richtigen Geldkoffer auf den Schreibtisch legt ?

Es könnte gut sein, dass er darüber nachgedacht hat. Und er scheint der Ansicht zu sein, dass er davonkommt und dass es genug konservative Richter gibt. Eine andere Erklärung ist aber, dass er ein Konservativer ist, und dass Konservative die Sprache für etwas gefährliches halten, das eingeschränkt werden muss.

In einem freien Markt von Ideen hat jede Person mit ehrlichen Absichten die Möglichkeit herauszufinden, was wahr ist, und was nicht. Und wer nicht auf Wahrheit aus ist, den kann man mit der Wahrheit auch nicht überzeugen.

So sehr ich Michael Ledeen als Berichterstatter über den Iran schätze, denke ich, hier hat er kräftig daneben gelangt.
 
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